Gejagt durch eine Wette, die das Verweilen im Augenblick unmöglich macht, taumelt Heinrich Faust von ›Begierde zu Genuss‹ und verschmachtet im ›Genuss nach Begierde‹.
»Faust. Der Tragödie erster Teil« spiegelt das Dilemma der menschlichen Existenz in einer Welt, in der es immer höher, schneller und weiter gehen muss.
Vor 250 Jahren, im Jahr 1775, kommt der junge Johann Wolfgang Goethe in Weimar an und wird Fürstenerzieher. In der Tasche hat er die später »Urfaust« genannte allererste Variante seiner Faustdichtung. In Weimar, dann während seiner Italienreise und befördert durch die Ermutigung seines Dichterfreundes Schiller wächst das Manuskript, das 1808 als »Faust. Der Tragödie erster Teil« abgeschlossen wird.
Darin hadert der in die Jahre gekommene Wissenschaftler Heinrich Faust mit sich und dem ganzen Universum. Sein Drang das ›Unbedingte in einer bedingten Welt‹ zu erringen, stößt sich an den Grenzen, die ihm physisch und moralisch auferlegt sind. Der Pakt mit Mephisto, dem Teufel, bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma, auch wenn der Preis hoch ist: Denn Innehalten, und sei es auch nur für einen Augenblick, schließt sich von da an aus. Die Jagd nach Selbstverwirklichung, flüchtigem Genuss und Selbstoptimierung hat begonnen. Und sie fordert Opfer.
Jan Neumann, der sich schon mehrmals auf der Bühne des DNT mit dem klassischen Kanon auseinandergesetzt hat, wird diesmal Faust I auf die Bühne bringen und ganz im Sinne des Dichters an die Prämisse im ›Vorspiel auf dem Theater‹ anknüpfen: »So schreitet in dem engen Bretterhaus/ Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,/ Und wandelt mit bedächt'ger Schnelle/ Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.«
ℹ️ Für diese Inszenierung bieten wir 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn eine Einführung in unserem Foyer an.