© Candy Welz
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© Andreas Schlager
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  • Großes Haus
  • Premiere 02.09.2023

missing in cantu (eure paläste sind leer)

Musiktheater von Johannes Maria Staud nach einem Libretto von Thomas Köck · Uraufführung

Koproduktion mit dem Kunstfest Weimar

Brandneues Opernepos über Anfang und Ende der »Neuen Welt«: Der Gang durch eine Palastruine, die sowohl das Weiße Haus als auch ein verlassener Tempel einer frühamerikanischen Hochkultur sein könnte, verknüpft die Unterwerfung Amerikas durch europäische Kolonisatoren mit dem heutigen Zerfall der US-amerikanischen Gesellschaft.

Das DNT und das Kunstfest Weimar starten mit einer großen Musiktheater-Uraufführung in die neue Saison: Komponist Johannes Maria Staud und Autor Thomas Köck – beide Österreicher sind in ihren Bereichen herausragende Künstler ihrer Generation – arbeiten für »missing in cantu« erstmals zusammen. Amerika, das als sogenannte »Neue Welt« Traum- wie Alptraumort der westlichen Hemisphäre ist, haben sich die beiden zum Thema gemacht.

In ihrem auf Köcks Theaterstück basierendem Gemeinschaftswerk, das sich aus drei Handlungssträngen zusammensetzt, verfolgen wir zum einen eine Truppe spanischer Konquistadoren um den legendären Don Aguirre, einst brillant durch Klaus Kinski im gleichnamigen Film von Werner Herzog verkörpert, auf ihrer Amazonasfahrt. Die vergebliche Suche nach der mythischen Goldstadt Eldorado mündet immer wieder in Gewaltexzesse. Meutereien, Hexenverbrennungen und die Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung sind an der Tagesordnung. 

Gespiegelt wird diese Heldenfarce über die ersten europäischen Siedler zum zweiten in einer Szenenfolge, die die Verhältnisse in den heutigen Vorortsiedlungen der in den USA abstürzenden Mittelschicht in den Blick nimmt. Ob in heruntergekommen Eigenheimen, einem riesigen Schlachthaus, hinterm Steuer eines Pick-Ups oder bei einer Sonntagsmesse – überall wütet die Opiatepidemie und grassiert der Betäubungsmittelmissbrauch. 

Zum dritten verbindet der Gang eines Sehers durch die Reste einer Machtzentrale in nicht allzu ferner Zukunft die Bilderfolgen. Statt Vision bleibt ihm nur der Rückblick. Einst Teiresias, Kassandra oder ein namenloser Politikberater stellt er sich in der verwinkelten und dschungelbewachsenen Goldruine (Bühnenbild: Raimund Bauer), die alle Geschichten kunstvoll ineinander verschachtelt, die schmerzhafte Frage nach der eigenen Verantwortung für die Fehlentwicklungen. Und er sucht nach dem Schatten und dem Echo seiner großen Liebe.

Alle diese Welten stehen im Zeichen des Rausches: Ob Goldrausch, Blutrausch oder Drogenrausch – immer sind es Zustände des Außer-Sich-Seins und Vorgänge der Grenzübertretung, die nicht nur von der Wirklichkeit ablenken oder diese vergessen machen, sondern als wesentliche Triebkräfte dieser Wirklichkeit erscheinen. »missing in cantu« – »Verloren im Gesang« ist ein szenisches Requiem, ein oratorischer Abgesang auf unsere Lebensweise. Wird es auch zum hoffnungsvollen Loblied auf deren Überwindung?  

Mit »missing in cantu (eure paläste sind leer)« inszeniert Regisseurin und Operndirektorin Andrea Moses ein weiteres Mal eine Uraufführung eines Werkes von Johannes Maria Staud, nachdem beide erstmals 2018 an der Wiener Staatsoper für »Die Weiden« zusammengearbeitet haben. Hier in Weimar setzt Moses damit ein weiteres deutliches Zeichen für einen zeitgenössischen und lebendigen Opernspielplan.

Kompositionsauftrag vom Kunstfest Weimar, finanziert von der Ernst von Siemens Musikstiftung

Gefördert durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie & Naturschutz

    

Das Programmheft zur Inszenierung gibt es jetzt auch online.

Zum Download hier klicken >

 

ℹ️ Für diese Inszenierung bieten wir 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn eine Einführung in unserem Foyer an.

ℹ️ Informationen zu sensiblen Themen, Inhalten und sensorischen Reizen in der Inszenierung finden Sie hier.

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»Das österreichische Künstlerduo Thomas Köck, der den Text geschrieben hat, und Johannes Maria Staud, der die Musik komponierte, präsentierten mit ihrem neuen Werk ein wildes, 100-minütiges Roadmovie entlang der Prachtstraße der Zivilisation, und wo führt die hin? Na klar, nach Eldorado (…). Früher lag der sagenhafte Ort ja irgendwo flussabwärts am Amazonas, mittlerweile wohl eher venenaufwärts an der Opiumnadel. (…) In der Regie von Andrea Moses wurde das zu einem fulminanten Abend, der natürlich optisch streckenweise an Werner Herzogs Meisterwerk "Aguirre, der Zorn Gottes" erinnerte (…). Das wird gewürzt mit Religionskritik und Feminismus. (…) Hervorragend, wie die Solisten singen und sprechen, was die Stimmen ungemein fordert. Allen voran Astrid Meyerfeldt als opiatsüchtige Villenbesitzerin und Otto Katzameier als Seher aus der Zukunft, aber auch Alexander Günther als eisiger Konquistador im weißen Leinenanzug. Dirigent Andreas Wolf sorgt für das "flammende Inferno" zwischen Choral, Partysound und Wolkenbruch-Elektronik. Viel Beifall für kraftvolles, aufwühlendes modernes Musiktheater.«
(Peter Jungblut, Bayern Klassik, 2.9.2023)

Die vollständige Rezension können Sie sich hier anhören

 

»Die Uraufführung (…) erweist sich als Musiktheater-Hybrid mit viel Technik, sprunghaften Parallelepisoden und vor allem dem Sich-Abfinden damit, dass unsere Welt nicht mehr zu retten ist. (…) Mit schon lustvoller Aktionsfülle zeigt Andrea Moses Auswirkungen des Expansions- und Wachstumsstrebens im tödlich endenden Drogenkonsum und Ausgrenzungen. (…) Köcks Text ist ein unmerkliches Erdbeben, das die Risse in den ideologischen Mauern vergrößert und vieles wanken lässt – den Glauben an das Gute vor allem. (…) Einigermaßen entschädigt für die miesen Zukunftsaussichten wird man durch das phänomenale Bühnenbild von Raimund Bauer. Der Palast des Sehers – das Eldorado? – ist ein Goldquader auf drehender Schräge, in dem tropische Pflanzen hinter Glas vor sich hindörren. Historisches Abenteuer, Krimi mit trister Doku, Space Opera – die Kunstfest-Resignation ist grell und bunt. (…) Erstaunlich die Leistung des SWR Experimentalstudios, (was) dessen Klänge und Effekte, die akustisch durch den Zuschauerraum wandern, leisten. (…) Sarah Mehnert gibt eine Bilderbuchreporterin alter Schule, Jörn Eichler ist eine starke Ensemble-Säule an mehreren Rollenschauplätzen. Andreas Wolf am Pult hat alles im Griff (…).«
(Roland Dippel, Concerti online, 2.9.2023)

Die vollständige Rezension können Sie hier lesen

 

»Johannes Maria Staud hat aus dem Vollen geschöpft – in jeder Hinsicht. Was als zartes, irritierendes Klanggeflecht beginnt, entfaltet später szenenweise musicalartige Bombastik, lässt Jazz und Swing aufblitzen, wirkt mal wie Filmmusik und überrascht an anderer Stelle mit einem Choral.«
(Wolfgang Huber-Lang, Salzburger Nachrichten, 3.9.2023)

 

Eine Besprechung von Uwe Friedrich in der Sendung Kultur heute, Deutschlandfunk können Sie hier anhören