Gleissendes Licht
Ein musikalisches Ritual des Erinnerns in Buchenwald, Tel Aviv, Berlin und Jena von Marc Sinan · Uraufführung
Im Rahmen der ACHAVA Festspiele & des Themenjahres »Neun Jahrhunderte Jüdisches Leben in Thüringen«
1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und 900 Jahre jüdisches Leben in Thüringen können nicht begangen werden, ohne die systematische Verfolgung und Vernichtung der Juden Europas zu erinnern. Antisemitismus, Faschismus, Rassismus sind und bleiben bis in unsere Gegenwart ein Teil der lebendigen Geschichte des Landes Thüringen. Von 1121 über 1933–45 bis in unsere Gegenwart des Jahres 2021 zieht sich die Spur, greift immer aufs Neue in das gesellschaftliche wie politische Leben und fordert weiterhin Opfer. Diese Opfer und ihre Angehörigen warten wieder und teils vergeblich auf ein klares Zeichen, ein Urteil, auf Gerechtigkeit.
Jede fremdenfeindliche Tat, jeder antisemitische Übergriff, jeder menschenverachtende Terrorakt, jeder Angriff auf eine Synagoge, eine Moschee, eine Kirche, eine Shisha-Bar oder ein Ladengeschäft erinnert an die abgründige deutsche Geschichte und stellt sehr alte und neue Fragen nach Schuld, Rache, die (Un)Möglichkeiten von Vergebung und Gerechtigkeit. Wann werden wir sagen dürfen, dass Gerechtigkeit geschehen ist? Wann wird es wieder hell, wann scheint wieder gleißendes Licht?
Das Projekt »Gleissendes Licht« des türkisch-deutschen Komponisten Marc Sinan versucht im Hier und Jetzt eine zeitgenössische musikalische Befragung der Impulse von Schmerz und Klage, von Vergeltung und Rache. »Gleissendes Licht« bindet das Gestern und das Heute, ist Verneigung vor den Opfern, ist bittere Anklage und der radikale Ruf nach einer Gerechtigkeit, die nicht mehr warten will und kann. »Gleissendes Licht« verbindet vier Orte musikalisch miteinander: Auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald, das für viele Überlebenden der Shoah noch immer für quälende Erinnerungen steht und für eine ehemalige Heimat, die sie auslöschen wollte, erklingt ein Knabenchor. Begleitet von der Staatskapelle Weimar sendet er einen Impuls nach Jena, dendie Jenaer Philharmoniker gemeinsam mit dem Dresdner Chor AuditivVokal und vier Solist*innen zu einem Oratorium steigern. Weitere Brücken nach Jena schlagen die junge israelische Schauspielerin Hadar Dimand in Tel Aviv mit Texten von Batsheva Dagan, die als junge Frau Ausschwitz überlebte, und der Pianist Michael Wendeberg. Er wird auf dem Berliner Bebelplatz ein Klavierkonzert mit Teilen aus Sinans multilokaler Komposition und weiteren Werken von Beethoven, Schubert, Schumann u.a. spielen. Im Jenaer Volkshaus wird »Gleissendes Licht« programmatisch durch Stücke von Pēteris Vasks und Arvo Pärt erweitert.
Aus der konzertanten Gleichzeitigkeit in Buchenwald, Jerusalem, Berlin und Jena entsteht durch eine audio-visuelle Verschränkung per Livestreaming eine mehrschichtige Gesamtkomposition – ein musikalisches Ritual der Erinnerung. Musikalische Schönheit trifft auf die dunklen Abgründe menschlichen Handelns, gespielt, gesungen und gesprochen von einem diversen Ensemble.
Ein Kooperation von ACHAVA Festspiele Thüringen, Jena Kultur (Jenaer Philharmonie), Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, gefördert durch #2021 JLID – Jüdisches Leben in Deutschland e.V. aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat.
Musikalische Leitung: Simon Gaudenz (Jena) / Andrea Molino & Berit Walther (Buchenwald)
Besetzung:
Buchenwald: Knabenchor der Jenaer Philharmonie & Blechbläserensemble der Staatskapelle Weimar
Tel Aviv: Hadar Dimand
Berlin: Michael Wendeberg
Jena: Jenaer Philharmonie, AuditivVokal Dresden und die Solist*innen Andreas Fischer, Katia Guedes, Johanna Krödel, Johanna Vargas
Karten für die Veranstaltung im Volkshaus Jena über ACHAVA Festspiele
Live zu hören auch auf Deutschlandfunk Kultur