MAGAZIN

Schauspiel ohne CO2-Ausstoß

Als Kulturbetrieb ist es uns wichtig, Verantwortung im gesamtgesellschaftlichen Kontext zu übernehmen und uns auch mit großem Einsatz auf den Weg zur Klimaneutralität zu machen. Ein erster Schritt war die Teilnahme am Pilotprojekt »Klimabilanzen in Kulturinstitutionen« der Kulturstiftung des Bundes im Jahr 2019, bei der wir Daten unserer grundlegenden Handlungsfelder erfasst und den Ausstoß von Treibhausgasen für das gesamte Haus analysiert haben. Ein Prozess, der seit Beginn des Projekts ständig erweitert wird mit dem Ziel, die Komplexität der Zusammenhänge zu erfassen und daraus Entscheidungen abzuleiten. In der Folge erscheint uns der Schritt, uns auch auf unser Kerngeschäft – die Bühne – zu konzentrieren, nur folgerichtig. Mit »Die Leiden des jungen Werthers« setzen wir eine große Schauspielproduktion klimaneutral um. Das Förderprogramm Fonds Zer0 der Kulturstiftung des Bundes ermöglicht uns dabei den Spielraum, ungewohnte, zeit- und kostenintensivere Wege zur Nachhaltigkeit zu erproben. Für »Die Leiden des jungen Werthers« haben wir unsere eingespielte Herangehensweise unter die Lupe genommen und die daraus folgenden Prozesse in den Werkstätten angepasst. Den Fokus legen wir auf die Beschaffung sowie den Umgang mit dem Material des Bühnenbilds und der Kostüme, möchten aber auch umfassender die Komplexität einer Produktion beeinflussen.

 

Raika Nicolai als Lotte (Foto: Andreas Schlager)

 

Deswegen haben wir uns vorgenommen:
- Materialien aus bereits abgespielten Produktionen zu recyceln (Kreislauf)
- umweltfreundliche und ressourcenschonende Materialien zu nutzen
- regionale Anbieter mit kurzen Anlieferungswegen zu beauftragen
- weitestgehend alles in den eigenen Werkstätten herzustellen
- für die Kostüme ausschließlich unseren Fundus zu nutzen und Anpassungen in der Schneiderei vorzunehmen
- eine Matrix zu erstellen, um Materialien auf ihre Tauglichkeit für das Repertoiretheater und deren CO2-Einsparung zu prüfen
- Produktionsprotokolle zu schreiben für die langfristige Weiternutzung von Materialien und Bauteilen
- die Werbemaßnahmen anzupassen, Printmaterialien zu reduzieren
- unser Publikum zu seiner Anreise ins Theater zu befragen

Schon in der Vorbereitungsphase war spürbar, dass die neue Zielsetzung auf viele Abläufe im gesamten Theaterbetrieb ausstrahlt und in den Teams das Bewusstsein für diese Spiel- und Entfaltungsräume schärft. Je näher die Premiere rückt, desto deutlicher wird, dass eine so komplexe Zielsetzung neben allem fachkräftigen Einsatz unserer Mitarbeiter*innen viel Zeit in Anspruch nimmt und damit die eingespielten Abläufe im Theaterbetrieb oft auf die Probe stellt. Den mit »Die Leiden des jungen Werthers« eingeschlagenen Weg werden wir aber in jedem Fall fortsetzen, die jetzt erworbenen Erkenntnisse prüfen und bei folgenden Produktionen weiterentwickeln. 

 

Außerdem freuen wir uns auf Ihre Meinung und regen Austausch!